Filmkritik

Do 12. Dezember und Di 17. Dezember 17.30 und 20 Uhr
12.jpg

Tel Aviv on Fire

Drama

Regie: Sameh Zoabi

mit: Kais Nashif (Salam Abbass) · Lubna Azabal (Tala / Manal aka Rachel) · Yaniv Biton (Kommandant Assi Tzur) · Maisa Abd Elhadi (Mariam) · Nadim Sawalha (Bassam)

Luxemburg/Belgien/Israel/Frankreich 2018 | 101 Minuten | ab 6

Schwarze Komödie um den Autor einer palästinensischen Fernsehserie, der den Anweisungen eines israelischen Militärs folgen muss und teils absurde Entwicklungen in die Vorabend-Serie um eine palästinensische Spionin zwischen zwei Männern hineinschreibt. Die Doppelung zwischen Handlungs- und Film-im-Film-Ebene bietet viel Raum für illustre Verwicklungen und entwirft kurzweilig-spielerische Alternativen zur realen politischen Situation. Der charmanten Mediensatire mangelt es allerdings mitunter an Präzision und einer klaren Konturierung der Figuren. - Ab 14.

Langkritik:

Vergnüglich-schwarze Komödie um einen palästinensischen Drehbuchautor, der von einem israelischen Militär gezwungen wird, absurde Verwicklungen in eine Vorabend-Serie um eine Agentin zwischen zwei Männern hineinzuschreiben.

Für das Ende der Fernsehserie „Tel Aviv on Fire“ hat sich der Produzent Bassam von John Hustons „The Maltese Falcon“ inspirieren lassen: So wie Humphrey Bogart und Mary Astor trotz gegenseitiger Anziehung nicht zusammenkommen und die Pflicht über die Liebe siegt, so soll die palästinensische Agentin Rachel ihre attraktive Informationsquelle, den israelischen Kommandanten Yehuda, in die Luft sprengen, anstatt ihn zu heiraten. Zu diesem Zweck wird ein Peilsender im Hochzeitsstrauß versteckt – darunter geht es nicht in der palästinensischen Schnulzenserie, deren Kulissen den Schauplatz der gleichnamigen schwarzen Komödie von Sameh Zoabi bilden.

Das Publikum der dramaturgisch schlichten und gerade deshalb höchst erfolgreichen Vorabendserie um eine Frau zwischen zwei Männern sitzt diesseits wie jenseits der Sperranlagen, unter der eigentlichen Zielgruppe, den Palästinensern, aber auch unter vielen Israelis. Und das, obwohl die Sympathien zunächst eindeutig bei der palästinensischen Spionin Rachel und ihrem Geliebten Marwan liegen, der je nach Perspektive, ein Freiheitskämpfer und Terrorist ist.

Diesseits und jenseits der Grenzmauer

Die Frau des israelischen Kommandanten Assi ist auch ein glühender Fan der Serie. Assi wittert deshalb eine Chance, seine Gemahlin zu beeindrucken, als ihm bei einer Routinekontrolle der Palästinenser Salam unterkommt, ein Praktikant am Set von „Tel Aviv on Fire“, der sich angeberisch als Autor der Schnulze ausgibt. Assi konfisziert kurzerhand das Drehbuch für die nächste Folge und mischt sich ungefragt in die weitere Entwicklung der Story ein.

Salam, der jeden Tag die Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland passiert und von Assis Wohlwollen abhängig ist, muss wohl oder übel dessen Vorschläge berücksichtigen. Glücklicherweise wirft kurz darauf die wirkliche Drehbuchautorin entnervt das Handtuch, und aus Mangel an Alternativen rutscht der etwas schluffige Salam ins Autorenteam. Teils notgedrungen, teils freiwillig lässt sich Salam fortan von Assi beraten, der in seiner neuen Aufgabe aufblüht. Schon bald unterhalten sich die Figuren der anti-zionistischen Serie feinfühlig über den Holocaust. Assi besteht sogar auf einem Happy End zwischen Rachel und Yehuda, was Salam in Bedrängnis bringt, weil sein Boss (und Onkel) Bassam ja ganz andere Pläne verfolgt. Doch Assi hat Salams Pass konfisziert und erpresst ihn: „Meine Hochzeit gegen deinen Ausweis!“

Schwelgen im Irrealen

Der Autor Dan Kleinman hat sich zusammen mit Regisseur Sameh Zoabi eine Story ausgedacht, die ausreichend Stoff für ebenso sympathische wie absurde Verwicklungen zwischen der Handlungs- und der Film-im-Film-Ebene bietet. Mit dieser Konstellation lassen sich reale politische Konfrontationen mit alternativen Möglichkeiten des Miteinanders kombinieren, ohne die Härten des palästinensisch-israelischen Alltags zu ignorieren oder pathetisch Formen der Verbrüderung zu bemühen. Gerade das aber verbreitet gewisse Hoffnungen.

Auch in der Gestaltung der schnulzigen Soap mit all ihren hanebüchenen Dialogen und Wendungen sowie ihren optischen Weichzeichnern schwelgt Zoabi geradezu genüsslich; schön ist außerdem die beiläufige Inszenierung der ziemlich wurstigen Truppe hinter der Vorabendserie.

Dafür fehlt es der Produktion aber an Präzision. Figuren wie Dialoge könnten klarer konturiert sein, die Bildsprache aussagekräftiger. Ausgerechnet Salam bleibt als Protagonist blass und in seinem Stoizismus fast ein wenig langweilig; auch eine sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Salam und einer jungen Ärztin überzeugt kaum.

Trotzdem ist „Tel Aviv on Fire“ ein charmantes Unterfangen, das mit seinen Diskussionen über die (un-)mögliche palästinensisch-israelische Hochzeit zwischen Rachel und Yehuda ein facettenreiches Bild für das Ringen um ein friedliches Zusammenleben im Nahen Osten findet.

Katharina Zeckau, FILMDIENST