Filmkritik

Di 14. November 17.30 und 20 Uhr
11.jpg

A United Kingdom

Biopic Drama Liebesfilm

Regie: Amma Asante

mit: David Oyelowo (Seretse Khama), Rosamund Pike (Ruth Williams), Jack Davenport (Sir Alistair Canning), Tom Felton (Rufus Lancaster), Laura Carmichael (Muriel Williams), Terry Pheto (Naledi Khama), Jessica Oyelowo (Lady Lilly Canning), Arnold Oceng (Charles), Anton Lesser (Premierminister Attlee), Anastasia Hille (Dot Williams), Jack Lowden (Tony Benn), Nicholas Lyndhurst (George Williams), Charlotte Hope (Olivia Lancaster), Vusi Kunene (Tshekedi Khama)

Großbritannien/Tschechien/USA, 2016, ab 6, 111 min.

Die englische Büroangestellte Ruth Williams verliebt sich 1947 in den schwarzen Jura-Studenten Seretse Khama, der als Thronnachfolger von Bechuanaland (dem heutigen Botswana) an seiner weißen Freundin auch dann noch festhält, als die britische Regierung und seine Stammesoberen ihn zu einem Abbruch der Beziehung drängen. Nach einer wahren Begebenheit überlebensgroß und märchenhaft erzählte Liebesgeschichte, getragen von hervorragenden Hauptdarstellern. Zugleich erzählt der Film von der Geburt eines Landes und vom alltäglichen Rassismus in Großbritannien und Afrika.

Langkritik:

Es beginnt als Liebesgeschichte wie so viele andere. Als Ruth Williams, eine Londoner Büroangestellte, ihre Schwester zu einer Veranstaltung der London Missionary Society begleitet, fällt ihr ein gutaussehender Mann auf. Sie kommen miteinander ins Gespräch, diskutieren über Politik, stellen gemeinsame Vorlieben fest. Sie sehen sich wieder, küssen sie sich zum ersten Mal. Doch dies ist keine Liebesgeschichte wie so viele andere: Seretse Khama ist Thronfolger von Bechuanaland (dem heutigen Botswana), das im Jahr 1947 noch unter britischem Protektorat an der Grenze zu Südafrika steht.

Das gemischtrassige Paar bekommt es mit dem alltäglichen Rassismus in England zu tun. Der schwarze Jurastudent wird in einer dunklen Straße verprügelt, Ruths Vater verstößt seine Tochter. Damit nicht genug: Die bereits geplante Hochzeit wird zum Politikum. Die britische Regierung will die Ehe zwischen einem schwarzen König und einer weißen Britin verbieten, weil das benachbarte Südafrika, von dessen Gold- und Uranvorkommen Großbritannien abhängig ist, die Ehe als diplomatischen Affront auffasst.

Ruth und Seretse heiraten trotzdem auf einem Standesamt in London und reisen nach Bechuanaland. Dort hintertreibt Seretses mächtiger Onkel Tshekedi Khama die Thronfolge. Das Volk der Bamangwato hingegen stützt Seretse bei einem Stammestreffen. Es kommt zum Bruch zwischen Onkel und Neffe. Sir Alistair Canning, der britische Regierungsvertreter vor Ort, hat endlich eine Entschuldigung zu handeln.

Eine wahre Geschichte, die auf mehreren Ebenen funktioniert. Zum einen ist „A United Kingdom“ der historische Abriss einer Staatsgründung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, über die mancher noch nichts wusste, weil sie nur eine Randnotiz der Geschichte darstellt. Zum anderen geht es um Rassismus, der sich nicht nur im Alltäglichen festmachen lässt; vor dem Hintergrund der 1948 beginnenden südafrikanischen Apartheid geht es auch um größere politische Zusammenhänge. „A United Kingdom“ fungiert darum auch als bittere Abrechnung mit dem Kolonialismus, der nach 1945 in der Neuordnung der Welt keinen Platz mehr hat. Regisseurin Amma Asante und Drehbuchautor Guy Hibbert betonen die Arroganz der Briten, die sich über Bedenken anderer selbstherrlich hinwegsetzen und bedingungslos ihre Interessen vertreten.

Zuallererst aber ist der Film eine Liebesgeschichte. Im Vordergrund steht die Anziehung zwischen einem Mann und einer Frau, die Romantik des Kennenlernens, die Liebe im Alltag, ihre Verteidigung gegen äußere Widerstände. Das macht aus „A United Kingdom“ ein überlebensgroßes Melodram, an dessen Ende, durchaus im Sinne eines Douglas Sirk oder Frank Borzage, die Liebe triumphiert. Trotz des authentischen Hintergrunds etabliert der Film gelegentlich eine märchenhafte Atmosphäre, die durch die schönen Landschaftsaufnahmen in Afrika und die anrührende Musik gestützt wird.

Die eigentliche Stärke des Films aber liegt in seinen beiden Hauptdarstellern begründet. Rosamund Pike und David Oyelowo interpretieren ihre Charaktere als normale Menschen mit normalen Gefühlen und Bedürfnissen, nicht als politische Ikonen, die die Welt veränderten. Seretse weigert sich, dem Druck von außen nachzugeben und riskiert damit sogar, nicht mehr in seine Heimat zurückkehren zu dürfen. Er bleibt sich treu; nur darum kann er am Schluss triumphieren.

Die größte Veränderung macht Rosamund Pike durch, deren Figur sich in einer fremden Kultur unter den Dorfbewohnerinnen erst Respekt verschaffen muss. Wenn eine Gruppe schwarzer Frauen ihrer Figur schließlich mit einem Tanz huldigt, fühlt man sich für einen Moment an Howard Hawks’ „Hatari“ (fd 11 694) erinnert.

Michael Ranze, FILMDIENST 2017/7